Funktionsweise des Türschloss-Stellantriebs SGA I & II

Der Stellantrieb der Zentralverriegelung für die vorderen und hinteren Türen ist eines der wenigen Teile im SGA, das von Ford beigesteuert wurde (aus Mondeo, Escort und Fiesta übernommen). Er trägt die Ford-Nummer 93BG 220A20 DD.

Die entsprechende VW-Nummer lautet 7M0 959 775 E. Es gibt auch eine 7M0 959 775 ohne SAFE-Funktion. Diese wird in den Ausstattungsvarianten 4I1 und 4I2 verbaut, s.a. www.sgaf.de/content/funktion-verdrahtung-zentralverriegelung-sga-i-ii-444687. Diese Variante ist uns hier im Forum aber noch nie untergekommen. Es ist fraglich, wo dies überhaupt verkauft wurde.

Der Stellantrieb ist identisch für alle Türen und über den gesamten Bauzeitraum. Die Ersatzteilbeschaffung ist meist leichter und günstiger über die Ford-Nummer.

Er ist mit zwei Schrauben am Türschloss befestigt.
Die funktionale Verbindung zwischen Türschloss und Stellantrieb erfolgt über zwei Punkte (s. drittes Bild): Über den metallenen Schließhebel, der in den weißen Kunststoff-Schlitten (Haupt-Teil) des Stellantriebes greift und - direkt darüber - über den grünen Mitnehmer, der in den SAFE-Teil des Schlittens greift. Mehr zu Schließhebel und Mitnehmer siehe auch www.sgaf.de/content/funktionsweise-tuerschlosses-sga-i-ii-444685

Zum Verständnis der Funktion merken wir uns vereinfacht im Folgenden:
- Der Schließhebel und damit auch der Haupt-Teil des Schlittens vom Stellantrieb verriegelt die Tür. Ist er unten, so ist die Tür verriegelt. Ist er oben, so ist die Tür entriegelt und kann geöffnet werden.
- Der innere Türgriff ist mit dem grünen Mitnehmer und damit mit dem SAFE-Teil des Schlittens am Stellantrieb verbunden.

Damit ergeben sich die folgenden Möglichkeiten.

Das normale Ver- und Entriegeln des Türschlosses.
Im Bild sieht man die Bewegung des Schlittens und damit auch des Schließhebels beim Wechsel zwischen verriegeltem und entriegeltem Zustand. Dieser Wechsel kann durch den Stellantrieb durchgeführt werden, aber auch durch den inneren Türgriff oder von außen mit dem Schlüssel. Die Bewegung der einzelnen Teile ist immer die gleiche, da alles starr miteinander verbunden ist.

Wird die Tür über die Zentralverriegelung, also den Stellantrieb verriegelt, so wird der Schlitten angetrieben. Dieser nimmt den Schließhebel mit. Außerdem nimmt er den grünen Mitnehmer mit und bewegt so auch den inneren Türgriff.
Wird die Tür hingegen mit dem Schlüssel von außen verriegelt, so bewegt die Drehbewegung des Schlüssels direkt den Schließhebel. Dieser schiebt nun den Schlitten. Das Ergebnis ist das gleiche.
Auch der innere Türgriff bewegt über den grünen Mitnehmer den Schlitten hin und her. Wichtig dabei ist, daß der Schlitten zwar aus zwei Teilen besteht, dem Haupt-Teil und dem SAFE-Teil, diese beiden Teile aber fest miteinander verbunden sind. (Die SAFE-Funktion ist hier nicht aktiv.)

Wird hingegen die SAFE-Funktion aktiviert, während das Schloss in der verriegelten Stellung ist, so wird diese feste Verbindung zwischen dem beiden Teilen des Schlittens gelöst.
Wenn man nun am Türgriff zieht, um die Tür zu entriegeln, dann wird zwar der grüne Mitnehmer und damit auch der SAFE-Teil des Schlittens in Richtung „auf“ bewegt, aber der Haupt-Teil des Schlittens und damit auch der Schließhebel bleiben an Ort und Stelle. Die Tür bleibt verriegelt.

Wichtig dabei: Dies betrifft nur das Ziehen am inneren Türgriff. Denn in diesem Fall muss der SAFE-Teil den anderen Teil des Schlittens ebensfalls ziehen und das geht natürlich nur, wenn sie auch mit einander verbunden sind.
Die anderen Weg, die Tür zu entriegeln funktionieren dabei wie gewohnt. Wird außen der Schlüssel gedreht und damit der Schließhebel direkt bewegt, so bewegt sich auch der Schlitten wie gewohnt. Er schiebt dabei den SAFE-Teil des Schlittens schlicht vor sich her. Das gleich passiert auch, wenn der Stellantrieb selbst angesteuert wird, die Tür zu entriegelt. SAFE betrifft ausschließlich den inneren Türgriff und dies auch nur, wenn die Tür verriegelt ist.

So weit die Betrachtung von Außen. Von innen sieht der Stellantrieb so aus. Dabei sind noch ein paar wichtige Details zu erkennen.

Der untere Teil des Stellantrieb, d.h. das rosa Zahnrad und alles darunter ist für die Bewegung des Schlittens und damit das Ver- und Entriegeln verantwortlich.
Der Teil darüber ist für die SAFE-Funktion zuständig.

In der Mitte des Schlittens sitzt eine kleine Rastnase, die den SAFE-Teil in den Haupt-Teil des Schlittens einrasten lässt.

Ver- und Entriegeln

Das rosa Zahnrad mit dem schwarzen Pin ist der eigentliche Antrieb:
- Beim Verriegeln dreht sich das rosa Rad um genau 1/2 Drehung, so daß der schwarze Pin nach unten wandert. Dabei greift er in den Schlitten und zieht ihn mit.
- Beim Entriegeln dreht sich das rosa Rad um genau 1/2 Drehung, so daß der schwarze Pin nach oben wandert. Dabei greift er in den Schlitten und zieht ihn mit.
- Der Positionsschalter unten, neben dem Motor stoppt den Motor bei Erreichen der Endposition des rosa Rades.
- In seiner jeweiligen Endposition sitzt der Pin aber immer so in der Mitte, daß er keinen Kontakt zum Schlitten hat. D.h. der Schlitten ist frei beweglich,
- Wird der Schlitten von außen bewegt, so kriegt die Mechanik im Inneren das logischerweise nicht mit. Das rosa Rad mit seinem Pin bleibt einfach in der vorigen Stellung.
- Der Pin ist federnd im rosa Rad gelagert. Ist der Schlitten aus irgendeinem Grund blockiert, so kann das rosa Rad sich trotzdem weiterdrehen. Der Pin schnappt dabei schlicht über.

In der Detailaufnahme wurde der schwarze Pin aus dem Zahnrad herausgezogen, so daß auch die Feder sichtbar wird. Normalerweise ist er aber fest in das Zahnrad eingerastet.
Daneben liegt genau der Teil des Schlittens in den die schwarze Nase dann greift, um den Schlitten zu verschieben.

Die Einbausituation sieht etwa so aus.

Synchronisation der Stellantriebe

Ein wichtiger Punkt an dieser Stelle ist die Synchronisation des Stellantriebes mit dem Schlitten und damit der Stellung des Schlosses.
Nehmen wir dazu einmal an, die Tür wird über die Zentralverriegelung verriegelt. Es wird ein Signal auf die entsprechende Steuerleitung gelegt und das rosa Rad dreht den Pin nach unten. Dabei wird der Schlitten auch nach unten gedrückt. Die Tür ist verriegelt.
Nun zieht jemand am inneren Türgriff und entriegelt die Tür. Dabei geht der Schlitten nach oben. Das rosa Rad bleibt aber wo es war.
Wenn man nun versuchen würde, über die Zentralverriegelung die Tür wieder zu verriegeln und legt das entsprechende Steuersignal auf die Leitungen, so würde nichts passieren. Das rosa Rad ist schließlich bereits in der Position wo es hin soll.
Die Lösung für dieses Dilemma ist schlicht, daß das Steuergerät in so einem Fall die Tür über die Zentralverriegelung zuerst komplett entriegelt und dann von neuem verriegelt. Dazu gibt es auch eine Einstellungsmöglichkeit über die Codierung via OBD (s. „Synchronisationszyklen“). Entweder wird diese Synchronisation grundsätzlich immer - bei jedem Abschließen - durchgeführt oder aber nur, wenn über den Türkontaktschalter erkannt wurde, daß die Tür tatsächlich geöffnet wurde.

Blockade des Stellantriebes

Wenn das rosa Rad aufgrund irgendeines Defektes nicht vollständig korrekt in seine Endposition dreht und somit den Schlitten wieder freigibt, dann ist die Bewegung des Schlittens von außen durch das rosa Rad und den Pin blockiert. In diesem Fall sitzt der Schlitten und damit auch die gesamte Schlossmechanik fest. Dann ist auch ein vollständiges Drehen des Schlüssels im Türschloss oder ein Öffnen von Innen nicht mehr möglich. Zwar ist der Pin federnd gelagert und prinzipiell wäre es möglich mit der entsprechenden Kraft von außen den Schlitten zu bewegen, so daß der Pin überschnappt. Jedoch ist die Federkraft des Pins so hoch, daß die notwendige Kraft mit dem Schlüssel unmöglich aufgewandt werden kann. Über den inneren Türgriff könnte es wohl funktionieren, nur ist dieser im Falle eines Defektes oft durch die SAFE-Funktion wirkungslos.

SAFE-Funktion

Die SAFE-Funktion, also das Trennen der beiden Schlittenteile erfolgt über das große weiße Zahnrad. Die Funktion ist genau die gleich wie zuvor. Dieses Zahnrad dreht sich jedesmal um 1/2 Drehung und hat jeweils eine Stellung für SAFE aktiv oder nicht aktiv. Der Positionsschalter sitzt am linken Rad unterhalb des weißen Zahnrades. Anstelle des Pins gibt es hier eine Rampe, die die SAFE-Nase im Schlitten herunterdrückt, um den SAFE-Teil des Schlittens abzukoppeln.

Dabei ist wichtig zu beachten:
- Dieses Abkoppeln funktioniert nur, wenn der Schlitten insgesamt in der verriegelten Position steht, denn nur dann erreicht das Zahnrad die SAFE-Nase.
- Sobald sich der Haupt-Teil des Schlittens bewegt, springt die SAFE-Nase von der Rampe und sobald sich dann die beiden Schlitten Teile berühren rasten sie wieder ineinander ein.
Das bedeutet in der Praxis:
- SAFE geht nur, wenn vorher verriegelt wurde.
- SAFE wird beim Entriegeln implizit sofort aufgehoben, ganz egal wo das weiße Zahnrad mit der Rampe steht.
- Die Synchronisationsproblematik existiert im Grunde auch hier. Allerdings macht sie sich praktisch nicht bemerkbar, denn wie sollte man manuell entriegeln, wenn ja der innere Türgriff wirkungslos ist.

In den Detailaufnahmen ist zu sehen, wie Rampe am Zahnrad unter die SAFE-Nase greift und somit die Schlittenteile entkoppelt.

Ansteuerung

Die 2 mal 2 Leitungen (Pin 1, 2, 4 und 5) zum Bewegen des Stellantriebes werden schlicht auf 12 V gelegt, um den jeweiligen Motor anzutreiben.

Das elektrische Zusammenspiel stellt sich so dar.

Die beiden Positionsschalter sind naturgemäß make-before-break Typen, wobei allerdings der Positionsschalter für das Ver- und Entriegeln über einen relativ weiten Bereich beide Steuerleitungen verbindet.

Ein dritter Schalter, den wir bisher noch nicht betrachtet habe, detektiert die tatsächliche Stellung des Schlittens. Er ist mit Pin 4 verbunden, der wiederum auf Dauerplus liegt. Diese Leitung ist allerdings nur in der Fahrertür beschaltet.
Hierüber wird quasi eine Synchronisation erzwungen. Wird z.B. der innere Türgriff bewegt und damit der Schlitten, so wird über diesen Schalter automatisch auch Spannung zum Motor geführt, die den Stellantrieb wieder synchron stellt. Gleichzeitig gelangen die 12 V rückwärts auf die Steuerleitungen zum Ver- und Entriegeln. Dies wiederum merkt das Steuergerät und kann entsprechend darauf reagieren.

Genau darüber funktioniert auch das Verriegeln des gesamten Fahrzeuges, wenn man den Türgriff der Fahrertür reindrückt. Bei den übrigen Türen bleibt ein manuelles Verriegeln bekanntlich ohne Reaktion der ZV. Schlicht weil hier der Pin 4 des Stellantriebes nicht beschaltet ist.

Zerlegen und Instandsetzung

Die folgende Bildsequenzen zeigen die Position der einzelnen Bauteile. Entgegen der Darstellung an anderer Stelle hier im Forum ist das Zusammensetzen des Stellantriebes sehr einfach. Hauptsache, jedes Zahnrad sitzt an der Stelle wo es hingehört. Die genaue Stellung der Zahnräder zueinander ist völlig egal. Die Positionsschalter sorgen im Betrieb dafür, daß alles in die richtige Stellung fährt.

Sehr wichtig ist allerdings eine gute Abdichtung des Gehäuses beim Zusammenbau, da Feuchtigkeit im Inneren einer der Hauptgründe für Defekte ist.

Typische Probleme, die zu einem Ausfall des Stellantriebes führen sind:
- Korrosion an den Positionsschaltern
- Korrosion an den Motorkontakten
- Vergammelte Feder an der Schnecke
- Kurzschlüsse durch Gammel
- Motorausfälle durch Gammel

Der Austausch des Motors ist hier beschrieben: www.sgaf.de/content/motor-stellantrieb-tuerverriegelung-austauschen-444748
Ein weiterer Beitrag zur Reparatur des Stellantriebes findet sich hier: www.sgaf.de/content/zentralverriegelung-verriegelungseinheit-instand-setzen-253260

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