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Ich habe meine alten Schulbücher (… Maschinenbau ) ausgepackt und auch auf die moderne Art im Web recherchiert und nach Erklärungen gesucht.
Die Erklärung ist relativ einfach … leider …
ich habe das Schraubengewinde und die Anlagefläche in der Felge zu gut geschmiert. Durch das Schmieren wird die Reibung (… Kenngröße µ) im Gewinde und bei der Anlagefläche des Kopfes in der Felge erheblich verringert. So wird bei gleichem Anzugsmoment die auf die Schraube wirkende Längskraft (… Vorspannkraft) um einiges größer .
Um dafür ein Gefühl für die Verhältnisse der Werte zu bekommen habe ich ein wenig gerechnet…
Gegeben als Konstante ist die Schraubengeometrie … M14 x 1,5 und die Kugelkalotte als Anlagefläche in der Felge. Variabel ist der Reibungszahl µ an den Gewindeflanken und zwischen Schraubenkopf und Felge.
Für eine normale Kombination Schraube - galvanisch verzinkt und Radnabe - blank liegt der Reibwert µ zwischen 0,12 und 0,2 …
Die Vorspannkraft ist für 140 Nm Anzugsmoment
µ = 0,12 … 68.000 N ~ 6800 kp
µ = 0,2 … 43.000 N ~ 4300 kp
Ist die mit Verbindung mit MOS2 geschmiert liegt der Reibwert µ zwischen 0,06 und 0,12 …
Die Vorspannkraft ist für 140 Nm Anzugsmoment
µ = 0,06 … 122.00 N ~ 12000 kp !
µ = 0,12 … 68.000 N ~ 6800 kp
oder anders rum … für eine gemittelte Soll - Vorspannkraft von 55.000 N ist das Anzugsmoment bei einer geschmierten Schraube bei …
µ = 0,06 … 63 Nm
µ = 0,12 … 113 Nm
Die Grundlage dieser Berechnung sind für den Maschinenbau typische Näherungsformeln mit empirisch ermittelten Materialkenngrößen! - also nix für für Buchhalter und Komastellenfanatiker
Was kann man aus diesen Zahlen ableiten …
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Anpresskraft der Felge an die Kombination Radnabe - Bremsscheibe schwankt relativ stark auf Grund des Reibwertes µ.
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Sind die Gewinde rostig - verdreckt und damit der Wert von µ hoch, dann ist die Anpresskraft relativ gering beim Soll Anzugsmoment der Schrauben - das ist klar - denke ich
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Meint man es gut reinigt das Schrauben und Gewinde. Schmiert man das Gewinde weil man einen Korrosionsschutz haben will und im Falle des Falles eines Radwechsels am Strassenrand nicht auf dem Kreuzschlüssel herumhüpfen will - dann kann es passieren, dass man beim Anziehen mir dem Soll - Drehmoment die Radschrauben überlastet.
Genau das ist mir scheinbar passiert weil ich mit zu gutem Hochtemperaturtrennmittel die Schrauben und die Anlagefläche in der Felge benetzt habe.
- Das Gewinde schmieren und das Anzugsmoment entsprechend reduzieren ist auch nicht ganz so einfach. Weil wir wissen nicht mit welcher Kraft die Felge angepresst werden soll .
Zum Thema Festigkeit der Radschrauben …
Im Internet findet man in der Regel Radschrauben mit der Festigkeitsklasse 10.9.
Auf meinen mit dem Fahrzeug gelieferten Radschrauben ist keine Angabe der Festigkeit zu finden. Auf den heute beim gekauften Original Ersatzteilen ebenfalls nicht. Aber das hat man scheinbar nicht notwendig .
Den bei uns in Europa geltenden Regeln der Technik entsprechend muss bei Schrauben ab M5 die Festikeitsklasse auf der Schraube sichtbar sein. Vor allem bei höherer Festigkeit.
Als Beispiel die Mindestbruchkraft für eine Schraube M14x1,5 bei einer Festigkeit von…
5.6 … 62.000 N … das ist eine gebräuchliche Festigkeitklasse aus dem Baumarkt … bei 140 Nm praktisch abgerissen !
8.8 … 100.000 N … Baumarkt - ein wenig besser … aber bei 140 Nm sehr wahrscheinlich abgerissen !
10.9 … 130.000 N …zB. Radschrauben
12.9 … 152.000 N
Die Schrauben beginnt sich allerdings schon um einiges früher zu dehnen - für die 10.9 Radschraube ist das bereits bei 110.000 N ( entsprechendem gebräuchlichem Standard für eine Dehnung von 0,2 %).
In meinen Zahlenspielen erreiche ich bei einer gut geschmierten 10.9 Schraube mit 140 Nm 122.00 N und bin damit über dem genormten Minimum. Wie man am Foto sieht ist der Nachweis in der Praxis erbracht. Ich habe heute beim Tausch der Radschrauben beim selben Rad noch 2 weitere gefunden welche bereits gestreckt sind. Die Schrauben der anderen 3 Räder habe ich nicht nachgezogen.
Abschliessend kann ich sagen …
Wieder was gelernt und Glück gehabt die Schrauben nicht abgerissen zu haben.
in diesem Sinne … hoernchen
ps.:
Die Räder wurden bisher nur von mir OHNE Schlagschrauber gewechselt - allerdings bei den vom Scheckheft verlangten Services mussten die Räder sicher auch beim runter und rauf …
Ich kann praktisch ausschließen die Schraube mit meinem Drehmomentschlüssel mit erheblich mehr als 140 Nm angezogen zu haben. Mein Schlüssel hat eine Toleranz von 4% - das ist im Bezug auf die Ausführungen oben zu vernachlässigen
Und ja ! - Es steht „überall“ dass man die Schrauben nicht schmieren darf, soll - aber erklärt warum wird es praktisch nirgends und festgerostete Radschrauben will man auch nicht wenn man ein Rad bei einem Patschen wechseln muss