Die Einspritzbeginnregelung beim VEP-Dieselmotor

Die Einspritzbeginnregelung beim VEP-Dieselmotor

Um einen guten Wirkungsgrad des Motors und ein möglichst schadstoffarmes Abgas zu erreichen, ist es wichtig, dass die Verbrennung des Diesel-Kraftstoffes immer kurz nach dem oberen Totpunkt (OT) des Kolbens stattfindet.

Warum muß der Einspritzzeitpunkt verändert werden?

Wie weit die Kurbelwelle des Motors dreht, von Verdichtungsbeginn des Kraftstofffes bis zu Zündungsbeginn, hängt stark von der Motordrehzahl und von der Lufttemperatur ab. Um zu gewährleisten, dass der Kraftstoff konstant immer kurz nach OT verbrannt wird, muss daher der Einspritzzeitpunkt veränderbar sein. Ohne eine Anpassung des Einspritzzeitpunktes an den Betriebspunkt des Motors würden moderne Dieselmotoren nicht laufen.

Der Grund für die notwendige Anpassung sind der sogenannte Spritzverzug und der Zündverzug, die nachfolgend erklärt werden.
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Der Spritzverzug**

Wenn der Kraftstoff vom Hochdruckkolben des Einspritzsystems verdichtet wird, bewegt sich eine Druckwelle mit Schallgeschwindigkeit auf die Düse zu. Sobald der eingestellte Düsenöffnungsdruck erreicht wird, öffnet die Düsennadel und gibt die Einspritzlöcher frei. Die Einspritzung beginnt.

Die Zeit, die die Druckwelle bis zur Düse benötigt, ist immer gleich. Bei hoher Motordrehzahl verdreht sich die Kurbelwelle während dieser Zeit um einen grösseren Winkel als bei kleiner Motordrehzahl. Damit die Einspritzung immer bei der gleichen Stellung des Kolbens erfolgt, muss die Verdichtung des Kraftstoffes bei höherer Drehzahl also früher beginnen als bei niedriger Drehzahl. Bei den Diesel-Motoren im alten SGA-Modell wird eine Verteilereinspritzpumpe (VEP) als Hochdruck-Erzeuger für den Kraftstoff eingesetzt.

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Bild 1: Die Verteilereinspritzpumpe VP37 von Bosch

Von der Verteilereinspritzpumpe führen Hochdruck-Leitungen zu den Einspritzdüsen der Zylinder. Da bei der VEP die Distanz zwischen Druckerzeugung und Düse sehr gross ist, spielt der Zündverzug bei VEP-Motoren eine grosse Rolle. Bei PD-Motoren erfolgt die Hochdruckerzeugung im oberen Bereich eines jeden PD-Elementes. Die Distanz zur Düse ist sehr kurz. Dementsprechendklein ist bei PD-Motoren der Einfluss des Spritzverzuges.

Der Zündverzug

Nach der Einspritzung des Kraftstoffes beginnt die Verbrennung sobald der Diesel in den gasförmigen Zustand übergegangen ist und mit der vorhandenen Luft ein zündfähiges Gemisch bildet. Ein zündfähiges Gemisch bildet sich nur, wenn im Zylinder eine höhre Temperatur als die Flammtemperatur von Diesel herrscht. Erst wenn die Flammtemperatur erreicht bzw. überschritten wird, kann der eingespritzte Kraftstoff verbrennen. Die Flammtemperatur wird durch die Verdichtung der angesaugten Luft im Zylinder erzeugt. Bei kalten Lufttemperaturen wird während des Startvorganges die Flammtemperatur nur knapp überschritten. Dann dauert es länger, bis ein zündfähiges Gemisch gebildet wird.

Damit das Fahrzeug auch bei kalten Aussentemperaturen anspringt, hält man den vergrösserten Zündverzug vor und spritzt entsprechend früher ein. Bei Temperaturen unter - 10 Grad, wird die Flammtemperatur oft nur dann erreicht, wenn die Ansaugluft durch das Vorglühen zusätzlich erwärmt wird.

Auch für den Zündverzug gilt, dass er halbwegs konstant bleibt, wenn das Fahrzeug erst einmal läuft. Bei höheren Drehzahlen dreht sich die Kurbelwelle während der Zündverzugszeit um einen grösseren Winkel als bei niedrigen Drehzahlen. Damit die Verbrennung bei höheren Drehzahlen noch zum richtigen Zeitpunkt stattfindet, muss auch hier die Einspritzung entsprechen früher stattfinden.

Bei PD-Motoren ist der Einfluss des Zündverzuges etwas geringer, da der Kraftstoff aufgrund des höheren Druckes der PD-Elemente feiner zerstäubt wird und somit leichter ein zündfähiges Gemisch bilden kann.

Um den Spritzverzug und den Zündverzug zu kompensieren und eine Verbrennung immer im Bereich des Kolben-OTs zu erreichen, muss der Einspritzzeitpunkt verstellbar sein.

Wie funktioniert die Verstellung des Einspritzzeitpunktes bei VEP-Motoren?

Wenn von statischem und dynamischen Einspritzzeitpunkt gesprochen wird, ist Vorsicht angesagt, denn es gibt es unterschiedliche Vorstellungen davon, was darunter zu verstehen ist. Für mich ist der Einspritzzeitpunkt statisch, wenn der Spritzverstellungskolben an der der Feder gegenüberliegenden Seite („Spät“) anliegt. Es ist dabei egal, ob der Motor läuft, oder nicht. Sobald sich der Kolben in Richtung Frühlage bewegt, rede ich von dynamischen Einspritzbeginn.
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Der statische Einspritzzeitpunkt**
Zunächst einmal muss die VE-Pumpe so an den Motor angebaut werden, dass sie zum richtigen Zeitpunkt einspritzt, wenn die Einspritzzeitverstellvorrichtung nicht in Betrieb ist. Dazu wird der Motor so verdreht, dass sich der Kolben im oberen Totpunkt von Zylinder 1 befindet. Dann wird Pumpe so an den Motor angebaut, dass die Einkerbung am Zahnriemenrad der inspritzpumpe nach oben zeigt. Damit ist gewährleistet, dass die Zylinderzuordnung stimmt.

Die VE-Pumpe hat drei Langlöcher am Anbaufllansch und ein Langloch am Befestigungsblech. Mit Hilfe dieser Langlöcher kann die Pumpe zum Motor verdreht werden. Um die genaue Einstellung vorzunehmen, wird die kleine Schraube in der Mitte der Leitungsanschlüsse durch eine spezielle Messuhr ersetzt. Die Messuhr misst die Position des Hochdruckkolbens. Wenn man die Pumpe nun verdreht, kann man den Kolbenhub auf der Messuhr verfolgen. Die Einspritzpumpe wird erst so verdreht, dass man die Uhr auf dem Grundkreis der Nockenscheibe Nullen kann. Dann wird die VE-Pumpe auf ein bestimmtes Einstellmass eingestellt.

Alternativ kann man den statischen Einspritzbeginn auch mit einem Diagnosegerät oder einer Vollversion von VAG-COM (TDI-Graph) prüfen. Wichtig ist bei dieser Prüfung, dass künstlich verhindert wird, dass sich der Kolben vom Spätanschlag wegbewegt. Ohne diesen speziellen Modus, würde der Kolben schon im Leerlauf des Fahrzeuges nicht mehr am Spätanschlag anliegen und man misst infolgedessen den dynamischen Einspritzbeginn.

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Bild 2: TDI-Graph

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Der dynamische Einspritzzeitpunkt**
In der VEP-Pumpe erzeugt ein Kolben, der eine Dreh/Hubbewegung durchführt, den Hochdruck. Bei jeder Pumpenumdrehung macht der Kolben 4 Hubbewegungen. Die Hubbewegungen kommt dadurch zustande, dass sich der drehende Kolben auf einer Platte abstützt, auf der 4 Nockenprofile eingeschliffen sind. Während der Hubbewegung erzeugt der Kolben den Hochdruck. Durch Schlitze im Kolben wird erreicht, dass nur einer der 4 Zylinder mit diesem Hochdruck beaufschlag wird. Die Nockenplatte wiederum stützt sich auf 4 Rollen ab, die wiederum in einem Ring drehbar gelagert sind. Wenn der Ring mit den Rollen gedreht wird, verschiebt sich automatisch auch die Position der Nocken. Auf diesem Prinzip beruht die Einspritzzeitpunktverstellung der Einspritzpumpe.
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Bild 3: Die Rollen sorgen über die Nockenplatte für die Hubbewegung des Verteilerkolbens. Wenn die Rollen relativ zur Pumpenachse verschoben werden, ändert sich der Einspritzzeitpunkt

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Bild 4: Die Einspritzzeitpunktverstellung und das Magnetventil unter der VEP

Nun fehlt noch die Erkärung, wie der Ring mit den Rollen verschoben werden kann.

Der Ring mit den Rollen ist über einen Verbindungsbolzen mit einem Spritzversteller-Kolben verbunden, der ganz unten quer zur Pumpenlängsachse angerbracht ist. Der Kolben wird von einer Feder gegen einen Metalldeckel gedrückt.


Bild 5: Der Spritzverstellungskolben wird in der Spätlage durch die Feder gegen den Stahldeckel gedrückt.

Im Gehäuse der VE-Pumpe befindet sich eine Flügelzellenpumpe, die den Kraftstoff drehzahlabhängig bis auf max. ca. 8 bar verdichtet. Über eine Drossel-Bohrung im Spritzversteller-Kolben gelangt der Druck auch auf die nicht federbelastete Seite des Kolbens, die ander Metallplatte anliegt. Ab einem bestimmten Kraftstoffdruck wird die Kraft grösser als die Federkraft. Der Spritzverstellerkolben beginnt sich langsam in Richtung der Feder zu bewegen und ändert damit den Einspritzbeginn des Motors.


Bild 6: Wenn der Kraftstoffdruck zunimmt, sorgt er dafür, dass sich der Kolben gegen die Federkraft nach links bewegt und damit den Einspritzzeitpunkt Richtung „Früh“ verstellt.

Damit der Einspritzbeginn nicht nur abhängig von der Drehzahl ist, sondern auch von anderen Parametern abhängig gemacht werden kann, wird ein Magnetventil benutzt. Dieses Magnetventiil wird sehr schnell getaktet, also zwischen offener und geschlossener Position sehr schnell hin und her geschaltet. Die Taktfrequenz der Bestromung ist massgebend dafür, wie hoch der Druck am Spritzversteller-Kolben sein kann. Man benutzt das Magnetventil also, um den Druck zu reduzieren und eine Spät-Verstellung des Spritzverstellers zu erreichen.

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Bild 7: Mit VAG-COM kann man in Messwertblock 4 im 4. Feld ablesen, wie das Taktverhältnis geschlossen zu offen ist.

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Bild 8: Schnittbild durch das Spritzverstellungs-Magnetventil. Durch das Verhältnis von bestromter Zeit zu unbestromter Zeit sorgt es dafür, dass sich Druck auf der linken Seite des Kolbens aufbauen kann, oder auch nicht.


Bild 9: Auf der Rückseite des Ventils sieht man wo der Kraftstoff in das Ventil hineinläuft und wo er herauskommt, wenn die Ventilnadel geöffnet ist.

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Bild 10: Vor dem Einlauf befindet sich noch ein Sieb, um das Magnetventil vor Schmutz zu schützen. Der Einlauf und der Auslauf sind durch einen O-Ring voneinander getrennt.

Man hat festgestellt, dass die Einstellung des Einspritzbeginns nicht genau genug ist, um gute Abgaswerte und einen ruhigen Motorlauf zu gewährleisten. Deshalb hat man die Spritzbeginnregelung mit dem Nadelhubsensor eingeführt.

Der Nadelhubsensor sendet ein Signal an das Steuergerät, wenn die Düse geöffnet wird und wenn sie wieder geschlossen wird. Dazu ist in die Düsenhalterkombination von Zylinder 3 eine kleine stromdurchflossene Spule eingebaut.


Bild 11: Der 2-Feder-Düsenhalter mit Nadelhubgeber

Wenn die Düsennadel öffnet, wird eine an die Düsennadel angekoppelte Stange ein Stück in die Sensorspule geschoben. Dadurch ändert die Signalspannung und das Steuergerät kann dadurch auf das Öffnen der Düsennadel schliessen. Die Düsennadel bewegt sich von der geschlossenen Position in die offene Position etwa 0,3 mm. Man kann sich daher vorstellen, dass das Eintauchen der Stange nur ein sehr schwaches Sigal erzeugt. Ein kleiner Übergangswiderstand in der Steckverbindung des Nadelhubgebers ist daher ausreichend, um diesen ausser Funktion zu setzen. Wenn das Steuergerät erkennt, dass der Nadelhubgeber nicht mehr ordnungsgemäss funktioniert, versucht das Steuergerät den Einspritzbeginn auch ohne den Nadelhubgeber vorzugeben.


Bild 12: Das Innenleben eines 2-Feder-Düsenhalters

Genau wie für die Einspritzmenge sind im Motorsteuergerät auch Kennlinien für den Einspritzbeginn gespeichert. In diesen Kennlinien ist festgelegt welchen Einspritzbeginn der Motor, bei einer bestimmten Motordrehzahl, Kühlmitteltemperatur, Lastzustand, etc. haben soll. Mit Hilfe des Nadelbewegungsfühlers kann das Motorsteuergerät überprüfen ob die Ansteuerung des Spritzverstellungs-Magnetventil korrekt war. Man spricht daher auch von einer Einspritzbeginnregelung. Wie man an den beiden Abbildungen sehen kann, sind der Einspritzbeginnregelung durch die Verschiebung des Kolbens enge Grenzen gesetzt. Beim Motorstart hat die Einspritzpumpe noch keinen Druck aufgebaut, kann also den Spritzverstellungskolben nicht regeln. Deshalb ist es wichtig, dass die Pumpe korrekt angebaut ist. Wenn die Anbaulage nicht genau genug eingestellt wurde, sind Startprobleme vorprogrammiert.

Die korrekte Anbaulage beeinflusst auch die maximale Leistung des Motors. Bei maximaler Leistung befindet sich der Spritzverstellungskolben am Frühanschlag. Wenn die Pumpe zu „spät“ angebaut wurde, ist auch der Frühanschlag in zu später Lage und dem Motor fehlt Leistung.

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