#14
Das Anzugsmoment einer Schraube zu ermitteln bzw. eine Schraubenverbindung auszulegen, erfordert ja im Maschinenbaustudium mehrere Vorlesungsstunden, und ist ideal geeignet, um Studenten in Prüfungen damit zu quälen.
Die Anzahl der Einflussgrößen ist groß:
Zu übertragende Flanschkraft, Werkstoff der Schraube und seine Wärmebehandlung, Dimension, zu erwartende Setzbeträge, Steifigkeit von Schraube und Flansch, geforderte Sicherheit gegen Fließen des Bolzens, Sicherheit gegen Gewindeausreißen, Sicherheit gegen Dauerbruch bei dynamischer Belastung, Sicherheit gegen Vorspannungsverlust durch Erwärmung,
der Reibungskoeffizient zwischen Felge und Nabe sowie Schraube und Gewinde unterliegt einer großen Bandbreite ( neu und trocken, rostig und ölig), großer Temperaturbereich ( ich schätz mal -50 bis +200° C), neu und verschlissen Sicherheitsreserve gegen Lösen, korrosive Einflüsse (Salz), Forderung: Anzahl der Radschrauben beim PKW +/- 5 Stück pro Rad,
billig soll die Schraube auch sein, klar.
Führt man sich das alles vor Augen wird klar, wie je nach getroffenen Annahmen und Firmenphilosophie ganz verschiedene Ergebnisse herauskommen können.
Ich habe jahrelang mit 140 Nm angezogen, weil es in meinem Bordbuch steht. Erst hier im Forum und dann im RLF hab ich von den 170 Nm gehört. So oder so ist nie ein Rad abgefallen, weil da eben große Sicherheiten drin sind.
Vom Anziehen nach Gefühl halte ich trotzdem nichts, da das kaum gleichmäßig wird. Am Abdruck, den die Felge auf der Radnabe nach jeder Reifensaison hinterlassen hat, sieht man das.
Ich habe übrigens noch keinen Reifenhändler gesehen, der ohne Drehmo arbeitet. Im Gegenteil, da kriegt man hier einen Zettel ins Auto, dass man nach 100 km zum Nachziehen kommen soll.
Das halte ich wieder für unsinnig, denn noch nach keiner Inspektion mit Bremsenwechsel sah ich jemals so einen Hinweis…
Gruß
Bullifritz